Mein bewegtes erstes Jahr auf der Schiffahrt Nach meinem Welschland Aufenthalt und einer kurzen Zeit als Bäckerei-Ausläufer in Basel, sass ich zu Hause in Himmelried ohne Job. Mein Bruder Karl gerade von einem Weintanker irgendwo in Frankreich abgemustert weilte für ein paar Tage auf Besuch. So beschlossen wir, uns bei der Schweizerischen Schleppschiffahrtsgenossenschaft (später Schweizerische Reederei) in Basel um Arbeit zu bewerben. Am 1.März 1938 sind wir beide nach Basel gefahren und hatten Glück. Herr Kramer, der damalige Personalchef, stellte uns beide ein, ich konnte sofort auf dem Hafenboot "Unterwalden" und Karl auf der „Rabiusa“ als Matrose anfangen. Es erwies sich von Vorteil unsere persönlichen Effekten dabei zu haben, viel war es nicht. Etwas ängstlich habe ich mich bei Kapitän Schäfer Max gemeldet, Zieger Walter war für die 200 PS starke Maschine zuständig, Die Boot „Unterwalden“, aus Holz gebaut, ein ehemaliges Deutsches Minensuchboot aus dem Weltkrieg 1914/18, wurde im Basler Hafen eingesetzt. Mir wurde kurz erklärt was ich zu machen habe, hauptsächlich wie der Schlepphacken zu bedienen sei und für was man den Fliegerhacken braucht (eine lange Holzstange mit Hacken und Spitze aus Eisen). Im faulen Eck (heute Satram Löschstelle) lagen einige Kanalschiffe mit den Köpfen im losen Kies, eines davon mussten wir zum Ausladeplatz bei der "Schleppi" (so wurde damals die Reederei benannt) schleppen. Im Hafen herrschte reges Treiben, nachdem ich den Schlepphacken, ordnungsgemäss bedient hatte, sind wir irgendwie mit dem Boot abgetrieben. Kapitän Schäfer forderte mich auf, mit dem Fliegerhacken das Boot etwas abzudrücken, vermutlich tat ich dies etwas zu hart, denn der Fliegerhacken brach und ich lag im Hafen. Max und Walter zogen mich mit viel Geschrei wieder an Bord. Das passierte mir in der ersten Stunde bei der Schiffahrt. Als wir in Huningen an der Schleuse warten mussten, hat mich Kapitän Schäfer aufgefordert, mir etwas zum Essen zu besorgen, er gab mir auch den notwendigen Vorschuss. Wir hatten Feierabend, Max und Walter gingen nach Hause und ich, nun alleine in der engen Kabine, kam mir doch etwas verloren vor. Da war niemand, der zu mir sagte "chum an Tisch s'Ässe isch fertig" ich war ja gerade mal 15 Jahre alt und musste mir den Tisch selber decken, wenn ich etwas essen wollte. Mein neuer Job gefiel mir ausgezeichnet, wir mussten meistens Kanalschiffe verschleppen, denn die waren auch in der Überzahl. Jeden Samstagvormittag hatten wir einen spezial Auftrag. Bei der Briketthalle (heute Museum) stand ein grosses Gefäss wo der ganze Wochenabfall vom Umschlag und die Schlacken von der Rangier "Loki" deponiert wurde. Dieses Gefäss wurde jeden Samstagmorgen mit der dortigen Katze (Kranen Typ) auf das Achterschiff unseres Bootes gesetzt, es war beidseitig gut einen Meter breiter als das Boot. Zwei Arbeiter kamen an Bord und wir fuhren aus dem Hafen, dann mit langsamer Fahrt Richtung St.Johann. Die beiden Arbeiter öffneten seitwärts das aufklappbare Gefäss und schaufelten den ganzen Wochen-Abfall über Bord. Beim St.Johann angekommen, war dann auch der ganze Dreck über Bord und Vater Rhein mit einem Abfallteppich, so weit wie man sehen konnte, übersät. Nachdem ich im Welschland 10.- Fr. im Monat und hier 36.- Fr. in der Woche verdiente, fühlte ich mich als reicher Mann, somit konnte ich mir auch mal nach Feierabend im Restaurant Schiff eine gute Malzeit erlauben. Doch ich hatte Fernweh, ich wollte nicht nur im Hafen herumfahren. Kapitän Schäfer gab mir den Auftrag, die Schleppberichte zum Büro bringen. Dort angekommen, kam zufällig Herr Kramer vorbei und fragte mich, wie mir meine Arbeit gefalle. Bei dieser Gelegenheit äusserte ich meinen Wunsch, er wolle sehen was man da machen könne. Eine Woche später heuerte ich als "Matrose" auf „Montblanc 48“, einem Kanalmotor. Die Talfahrt nach Strasbourg, war für mich ein Erlebnis. An unserem Ziel in Strasbourg angekommen erhielten wir Order, am nächsten Tag Kohlen laden für Basel. Nach Feierabend fühlte ich mich in der kleinen, unfreundlichen, fensterlosen Bude doch sehr einsam, vermutlich habe ich geweint, ich weiss es nicht mehr. Am nächsten Tag wurden wir mit Kohlen beladen, mein Schiffmann Franz Latzer, (12 Jahre später sind wir zusammen bei der SRAG als Lotse gefahren) gab mir Order, während seiner Abwesenheit, sauber Schiff zu machen. Wie man das richtig macht hat mir niemand gezeigt. Franz kam von Land zurück und das erste Donnerwetter war fällig, denn das Schiff war noch lange nicht sauber. Nun zeigte mir Franz erst mal wie man mit Schrubber und Schöpfeimer umgeht. Am selben Tag fuhren wir noch an die Spitalschleuse um uns einzureihen, das war Schleuse Nr. 86 und die erste Schleuse des Rhein-Rhone-Kanals Richtung Mulhouse. Schleusen waren es deren viele bis Basel, so wie ich mich erinnere war Nr 48 bei der Verzweigung "Ile Napoleon" bei Mülhausen, dann kamen noch sechs, bis Huningen, das wären deren 44 Schleusen. Bei wenigen wurden die Schieber (Wasser Einläufe) elektrisch betrieben, bei allen Anderen mussten die Besatzungen der Schiffe tapfer beim aufdrehen mithelfen. In der Schleuse in Huningen hatten 26 Kanalschiffe Platz, die Schleuse wurde zweimal pro Tag bedient. In den Basler Häfen wurde mit drei Schichten gearbeitet und trotzdem gab es mehrtägige Wartezeiten, bis man an's ausladen kam. Nun war ich wieder in Basel und ich freute mich auf ein gutes Essen im Restaurant Schiff. Erstmals wurde mir bewusst, auf der „Montblanc“ wesentlich weniger zu verdienen als auf der „Unterwalden“. Nach der Entladung ging es wieder nach Strassbourg. Wir hatten noch eins oder zwei Schiffe vor uns bis wir an der Reihe zum Laden waren. Franz schickte mich zur Franco Suisse, unsere Vertretung in Strasbourg, um zu fragen wann wir an der Reihe seien. Ich stand auf der Laderampe, mit beiden Händen in den Hosentaschen vor dem Büro. Jemand rempelte mich an und fragte – „was machen Sie da, wer sind Sie überhaupt?“ - ich fragte zurück – „wer sind Sie, ich kenne Sie nicht“. Nun war der Teufel los, mit einer groben Schimpfkanonade wurde ich fortgejagt. Erst später erfuhr ich wer das war, Direktor Winkler von der Franco Suisse. Man hat mich fristlos und ohne weitere Entlöhnung entlassen, nun gut was sollte ich machen. Der Zufall wollte es, dass der Schiffsjunge von der „Fontana“ sich zu Hause für die RS stellen musste, per Bahn sollte er nach Basel fahren. Kapitän Bauwels von der „Fontana“ war einverstanden, mich anstelle seines Schmelzers (Schiffsjunge) mit zu Berg fahren zu lassen. In Basel angekommen meldete ich mich beim Personalchef bei der "Schleppi" und erzählte ihm den Vorfall. Kein Problem meinte der, ich könne auf der „Alpina 1“ bei Kapitän Jupp Brabants als Schmelzer fahren. Man kann sich vorstellen, dass ich mich im siebten Himmel wähnte, leider nur kurze Zeit. Ich war noch nicht fertig mit auspacken, da kam Herr Kramer an Bord und teilte mir mit, Herr Direktor Winkler wolle nicht haben, dass ich weiterhin bei der Schleppi beschäftigt werde. Was nun, ich war total blank, und teilte das Herrn Kramer mit, er hatte Mittleid mit mir, denn er schenkte mir 10.- Franken damit ich nach Hause fahren könne. Herr Kramer sagte noch zu mir, ich solle mich doch bei der Lloyd AG bewerben, Das Büro der Lloyd befand sich in der Freienstrasse und ich hatte Glück. Die „Säntis“ liege im St. Johann, ich soll mich beim Kapitän melden, sein Matrose habe Unfall und falle für eine Reise aus. Für mich war das der Hammer und bin sofort an Bord gefahren und meldete mich beim Kapitän. Franz, der Schmelzer an Bord, und ich verstanden uns glänzend. Am folgenden Morgen kam die „Kronos VII“, das Vorspann-Boot und brachte gleich einen Lotsen mit. Die Bergfahrt nach Rheinfelden war wieder ein Stück Neuland für mich. Bei der Schleuse Augst verabschiedete sich unser Lotse und wir fuhren alleine weiter nach Rheinfelden. Vorspannboot KRONOS VII oberhalb der Wettsteinbrücke in Basel Die „Säntis“, ein kleiner, für Säure umgebauter Rheinmotor, mit ca. 400 Tonnen Ladefähigkeit. Nachdem die Ladung in Badisch Rheinfelden, ca. 200 Tonnen Natrium Lauge, geladen von diversen Tanklastwagen, ins Schiff geflossen (Die Tanklastwagen standen oben an der Strasse am Rheinufer) war, fuhren wir zu Tal. Die Reise ging nach Höchst am Main. Beim Löschen in Höchst ist ein Schlauch geplatzt. Ein Arbeiter wurde dabei an den Händen und im Gesicht verletzt, sofort mit viel Wasser abgespritzt, danach mit der Ambulanz abgeholt. Die ausgelaufene Lauge wurde mit den bereitstehenden Wasserschläuchen weggespült, wo kein Wasser hinkam, zerfrass die Lauge die Farbe total. Abfahrt von Höchst, erst zu Tal bis zur Main-Mündung, dann bergwärts Richtung Basel. Von irgendwo, vermutlich der Warschau-Station in Worms, bekamen wir Order in Mannheim den Matrosen abzuholen, er warte auf der „Pilatus“, sie liege auf Strom, ich soll dann auf die diese wechseln. An der Hafenmauer in Mannheim lag sie dann auch, der Matrose kam an Bord, ich verabschiedete mich und wechselte also zur „Pilatus“. Es war der gleiche Schiffstyp wie die „Säntis“, er war nur für Trockengüter eingerichtet. Der Kapitän stammte aus Greffern, ein älterer verheirateter Matrose mit Frau und Kind, ich als Schmelzer, das war die Besatzung. Es war sehr eng mit vier Personen in der kleinen Bude. Das war ein Vorteil für mich, denn ich durfte den Kochherd zwar nur beschränkt benützen, dafür kochte die Frau für mich mit. Unsere Order lautete, zu Tal nach Wesseling. Das bedeutete wieder ein Stück Neuland, ich war sehr aufgeregt, auch die vielen neuen Eindrücke, von der schönen "Gebirgs" Strecke waren überwältigend, der Höhepunkt: natürlich die Lorelei. In Wesseling angekommen, mussten wir ein paar Tage auf Ladung warten. Beladen mit Briketts ging es zu Berg mit Ziel Basel. Die folgende Reise hatte Ziel Rotterdam. Stückgut war unsere Ladung, dadurch mussten wir in etlichen Häfen zusätzliche Ladung übernehmen. Gewaltig kamen mir die grossen Seeboote vor, zu gerne wäre ich mit einer weggefahren. Auf der Bergfahrt, in Kehl, musterte mein Matrose ab und ein neuer kam an Bord, der war kaum älter als ich, der Kapitän war sein Onkel. Für mich ein schlechter Tausch. Es wurde mir nämlich klargemacht, dass der Neue beim Kapitän verpflegt wird und ich für mich selber sorgen müsse. Es war sehr heiss auf der Basler Fahrt, trotzdem musste ich im Gangbord mit einem Stosseisen Farbe abstossen. Mit nacktem Oberkörper auf dem heissen Gangbord, niemand warnte mich, vor dem sicheren Sonnenbrand, zu spät habe ich das selber bemerkt. In Basel angekommen, bot sich mir die Gelegenheit nach Hause zu fahren. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass die nächste Reise nach Antwerpen ginge, so wäre ich nicht mehr an Bord zurück gegangen. Auf der Talfahrt verschlechterte sich die Stimmung von Tag zu Tag, der Kerl schikanierte mich bei jeder Gelegenheit und der Kapitän akzeptierte das. In Hansweert an der Schleuse kamen verschiedene Händler und boten ihre Waren an. Es gab nichts, was zum täglichen Gebrauch notwendig war, das nicht angeboten wurde. Mein Bedarf war schnell gedeckt, ich brauchte Brot und Eier und deponierte meinen Einkauf an Deck. Mein Wunder-Matrose wusste nichts Gescheiteres, als ein Reibholz so an Deck zu werfen, dass dieses genau auf meine dort deponierten Eier schlitterte, drei Stück waren zerbrochen. Nun platzte mir der Kragen. An Deck lag der Deckstopper (ein meterlanges Eisenstück zum lösen der Bremsbacken) vom Ankerspill, der schien mir gerade richtig, ich schnappte den Stopper und ging auf den Kerl los. Dieser flüchtete erst auf die Lücken, dann gegen den Eingang zu unserer Bude, ich warf ihm den Stopper nach, zum Glück flog er über seine Achsel hinweg in die Bude und blieb im Fussboden stecken. Beide waren vermutlich froh, dass es glimpflich abgelaufen ist. In Antwerpen angekommen, benützte ich die erste Gelegenheit mit meinem Bruder David und seiner Frau Jeann in Verbindung zu treten, welche in Antwerpen verheiratet waren. Dort angekommen wurde ich von Jeann willkommen geheissen, David war für eine Reise auf dem Passagierschiff „Gerolstein“ als Steward auf See. Meiner Schwägerin habe ich meine Situation an Bord geschildert, resolut wie sie war, forderte sie mich auf, meine sieben Sachen zu packen und zu ihr zu kommen. Noch am gleichen Tag bin ich der Aufforderung nachgekommen. Jeann hatte in der Nähe von Pier 28 ein kleines Restaurant geführt, ihr sehr gutes Curry Reis war bekannt. Von der " Red Star Lines " deren Liegeplatz an der Pier 28 war und wöchentlich eine ihrer Pasagierboote dort lag, hatte sie eine gute Kundschaft. Es waren meist dieselben Offiziere die "bei blonde Jeann" ihr Curry Reis zum vorausbestellten. Mir machte das mithelfen Spass, so kam ich auch mit den Gästen in Kontakt. Weil ich wusste, dass die meisten Gäste Schiffs Offiziere waren, habe ich bei jeder Gelegenheit meinen Wunsch geäussert, auch zur See fahren zu wollen. Das war nicht einfach, der Arbeitslosigkeit wegen durften keine Ausländer in Belgien anmustern. Irgendwie kam es dann doch zustande, ich konnte auf der „Westerland“ anmustern, einer der Offiziere hat das geschaukelt. Die „Westerland“ hatte etwas mehr als 16‘000 BRT, 234 Mann Besatzung, wovon 121 Mann Maschinen Personal. S.S. WESTERLAND Vierzehn Nationen waren an Bord, ich als jüngster und einziger Schweizer. Messe Boy, das war mein Job, wir waren mit 7 Mann und gehörten zum Maschinen Personal, Essen servieren und sauber machen das war unsere Arbeit. Die erste Fahrt von Antwerpen via Southampton nach New York habe ich gut überstanden. In der Strasse von Dover begegneten wir der „Gerolstein“, die beiden Red Star Lines-Boote begrüssten sich mit einem Hupkonzert. Mein Bruder dort an Bord wissend, versuchte ich vergeblich ihn aus den vielen winkenden Händen auszumachen. Die Überfahrt nach NY dauerte 10 Tage, als ich an einem Morgen erwachte, sah ich durch das Bullauge die Freiheits- Statue, das war mein erster Blick von Amerika, dann die Wolkenkratzer von New York überwältigend für mich. Unser Liegeplatz war in Hoboken gegenüber von Manhatten. Mein erster Landgang führte mich in eine Eisdiele, mit dem Finger zeigte ich auf ein Bild, denn ausser „yes“ und „no“ war bei mir nichts drin. Meine Finger-Wahl war ein Bananen-Split, wunderbar! es ist heute noch mein liebstes Dessert. Meine Entdeckungstour ging weiter. Da, ein Zigaretten-Automat, den musste ich ausprobieren, 20 Cent musste ich für eine Schachtel Camel einwerfen, 3 Cent klebten noch auf dem Päckli. Da war ein Geschäft wo alles zu haben war, 3 paar Socken für 25 Cent, die waren bei mir sowieso rar. Zum Abschluss ging’s noch in ein Restaurant mit einer sehr langen Theke, ich stellte mich schüchtern am Ende der Theke hin, plötzlich stand ein Glas Wasser vor mir, der Barkeeper war etwa 5 Meter von mir entfernt, das Glas Wasser stand aber genau vor mir. Damals gab es ein Gesetz, wonach jeder Gast ein Glas Wasser zu guthabe, das Gesetz wurde übrigens nie annulliert, nur wird es fast nirgends mehr angewendet. Das waren die Eindrücke meines ersten Landgangs in NY. Auf der Rückfahrt nach Antwerpen herrschte sehr schlechtes Wetter, mir war es speiübel. Bei der Ankunft in Antwerpen erwartete mich eine tolle Überraschung. Weil ich quasi schwarz angemustert hatte, wurde ich von der Gangway weg verhaftet. Aber, man konnte mir nichts mehr anhaben, weil ich auf einem Deutschen Schiff war. Mir wurde von der Fremdenpolizei klar gemacht, wenn ich in Belgien abmustern werde, so müsse ich Belgien innert 24 Stunden verlassen, oder in derselben Zeit ein ausländisches Binnenfahrzeug mustern. Nun das war meine erste Reise zur See. Der "Blue Peter" (Flagge zum Zeichen, dass das Schiff innert 24 Stunden den Hafen verlässt) war schon lange gehisst, es wurde gemunkelt, erst in Vlissingen kämen Passagiere an Bord. Abfahrt von Antwerpen mit nur wenigen Passagieren, in den frühen Morgenstunden in Vlissingen waren es deren viele. Obwohl es eigentlich verboten wurde, wollten viele der Besatzungsmitglieder die abnormale Einschiffung der Passagiere beobachten. Es waren Deutsche Juden die nach USA auswandern wollten. Damals hat mich das noch nicht so sehr berührt, "Politik" was war das? Ich wusste es nicht. Nun die Reise verlief wie die Erste. Unsere Messe (Verpflegungsraum) war zugleich auch Dusche und Waschraum, eingerichtet für dreissig Mann. Da war ein grosser Waschtrog mit Wasser und Dampf-Anschluss, er wurde für alles gebraucht, Geschirrspülen, Wäsche waschen und warm Wasser zubereiten zwecks Kabinen-Reinigung. Wie es eigentlich kam, ich weiss es nicht mehr, auf einmal war ich der Laundry-Boy. Fast täglich hatte ich in meiner Freizeit irgendwas zum waschen und immer fiel etwas, meist bares für mich ab. Mein Monatslohn betrug 25.-- Reichsmark mein Laundry-Boy-Lohn war wesentlich höher. Dazu muss ich noch eine Story erzählen, ich bekam einen weissen Pullover zum waschen. Diesen also ’rein in den Waschtrog, Wasser und Dampfhahnen auf, nach dem abkühlen suchte ich vergebends im Waschtrog nach dem Pullover. Ausser einer schleimigen Masse und ein paar losen Knöpfen war nichts mehr zu finden, belohnt wurde ich mit einer schallenden Ohrfeige. So ging eine Reise nach der Anderen vorbei. Kurz vor Weihnachten 1938: Hoboken; Ende 1938 führte der Hass der in den USA gegen Nazi Deutschland aufkam, zu einem regelrechten Boykott der unter dem Hakenkreuz fahrenden Schiffe. Da wir unter dieser Flagge fuhren, wurden wir einige Tage festgehalten. Alle Ausländer an Bord hatten die Wahl, an Bord, oder in den USA zu bleiben. Mir war nun Amerika doch etwas zu weit von zu Hause weg, deshalb entschied ich mich an Bord zu bleiben. Am 24. Dezember 1939 wurden die Anker gelichtet denn es ging via Halifax Richtung Europa. Ein Teil der Besatzung wäre beim Deutschen Konsulat zur Weihnachtsfeier eingeladen, leider mussten wir auslaufen. Viele waren unzufrieden, deshalb wurde die Feier an Bord von der Besatzung nur spärlich besucht. Im Januar 1939 bot sich mir nach fünf Reisen in Antwerpen die Gelegenheit von der See auf die Rheinschiffahrt zu wechseln. GMS "Arolla" mit Kapitän Adolf Schwarz, das war meine Rettung. Ganze 24 Stunden hätte ich Zeit gehabt von der „Westerland“ auf ein ausländisches Rheinschiff zu wechseln, ich brauchte nur 4 Stunden. Meine Verpflichtung gegenüber der Belgischen Fremdenpolizei war erfüllt, ich war an Bord von einem Binnenschiff mit Schweizer Flagge. Die Reise ging nach Basel, ich war glücklich wieder einmal nach Hause zu kommen. Ein paar Monate später hat der erste „Leventina“-Kurs mit 7 Schiffsjungen und mit Herr Steinegger als Chef angefangen. Wenn mir mein Gedächtnis keinen Streich spielt waren das: Nef Hans, Rein Adolf, Jenny Rolf, Lanz Franz, Hungerbühler Albert, Rossi Sepp und ich. Sepp und ich kamen von der Fahrt, die Anderen vom Land. Später kamen noch 4 Mann (Berger Gaston, Fröhlich Ernst, Gilomen Josef und Killer Kaspar) dazu. Das war mein erstes Jahr auf der Schiffahrt.
S.S. GEROLSTEIN auf der Schelde, auf dem Männi's Bruder David als Steward fuhr Fotoherkunft: Capt. J.F. van Puyvelde † / Sammlung SwissShips |