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Diese Geschichte hat H.P. Schwab niedergeschrieben, der bei der Bergungsaktion mit dabei war und vor 8 Jahren bei ABC Maritime, Nyon in Pension ging. Herzlichen Dank auch an Kapitän Saliou Diouf, der die Geschichte gegengelesen und einige wichtige Korrekturen angebracht hat

In der Nacht vom Samstag auf Sonntag befand sich die AFRICAN STAR 2, unter der Führung von  Kapt. Saliou Diouf, auf der Fahrt von Malongo nach Libreville, beladen mit 5 leeren Containern und mit einer kleinen Menge Stückgut, davon auch einige "core samples" (Bodenproben). Am frühen Morgen des 10.08.1997, ungefähr um 04:30 alarmierte eine niederländische Radiostation Panalpina in Port Gentil und meldete, dass sie eine Notfallmeldung (SOS) von der AFRICAN STAR 2 um Mitternacht empfangen hatte, die gemeldete Position 02° 34' Süd / 009° 47' Ost befand sich ungefähr 120 Seemeilen südlich von Port Gentil, bei Sette Cama, jedoch keine weiteren Informationen konnten gegeben werden. Panalpina leitete den Alarm weiter in Port Gentil und zu ABC Maritime in Nyon, zuerst herrschte grosse Verwirrung, niemand wusste was geschehen war mit dem Boot – treibt das Boot, war es gesunken, was war wirklich geschehen? Die JAVLIN TIDE von Tidewater (amerikanische Offshore Reederei) hatte den Notruf ebenfalls empfangen. Unser kleines Supplyboot THEO (1520 BHP), das beschäftigungslos in Port Gentil vor Anker lag, erhielt eine Meldung von Panalpinas MERLIN II, ihr Kapitän sprach mit Kapitän Diouf über das VHF Funk und bestätigte, dass die AFRICAN STAR 2 auf dem Strand lag.

Frans Jacobs von Panalpina charterte am Sonntagmorgen einen Helikopter vom Aero Club und konnte das Boot auf dem Strand südlich von Sette Cama ausmachen. Sie landeten auf dem Strand und Frans sprach mit dem Kapitän und der Crew. Auf dem Rückweg nahmen sie den ersten Steuermann Ousseynou mit, er hatte sich am Fuss verletzt. Die THEO unter dem Kommando von Kapt. Bernard (Bob) Dubois und Chief Engineer Jean Lohou (Chef Jean) erhielt Order nach Süden zur Unfallstelle zu fahren, wo sie ungefähr 850 m vom Ufer entfernt in 4,8 m Wassertiefe ankerte.

Die AFRICAN STAR 2 hatte schon kurz nach ihrer Überführung nach Afrika Vibrationsprobleme, die von ihrer Propelleranordnung herrührten. Wie eben so üblich, kam die erste schlechte Nachricht an einem Freitag Mittag, es war der 30.08.1996, die AFRICAN STAR 2 fuhr südwärts von Malabo nach Port Gentil, als der Kapitän Unregelmässigkeiten mit der Hauptmaschine Nr. 5 (steuerbord, aussenbords) und Wassereinbruch in der Rudermaschine meldete. Das Leck konnte von der Mannschaft gestoppt werden und das Boot erreichte sicher Port Gentil. Natürlich war mein Wochenende im Eimer und stattdessen flog ich am Samstag nach Gabun um den Schaden zu reparieren. Am Sonntag ging das Boot zur Inspektion und Reparatur auf den Slipway bei der Werft DPS, Delmas Petroleum Services. Die Propellerhalterung war abgebrochen und die schlanke, sich drehende Propellerwelle beugte sich hoch und der Propeller schnitt ein Loch in den Boden des Rudermaschinenraumes. Die Propellerwelle wurde ausgebaut und das Loch mit einer Platte dicht geschweisst. Die AFRICAN STAR 2 fuhr jetzt mit vier Maschinen weiter bis eine neue Propellerhalterung, Propeller und Welle von den USA geliefert wurde und im Mai 1997 im Schwimmdock in Douala eingebaut wurde.

Noch während sich langwierige Verhandlungen mit der mittlerweile in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Werft sich hinschleppten, bahnte sich im August 1997 der nächste, bedeutend schlimmere Unfall an. Wieder an einem schönen Sonntag Morgen bei einem Apéro mit Freunden, erhielt ich einen Anruf von Hans Tanner, Chef der ABC Maritime, der mir sagte, die AFRICAN STAR 2 wäre vermisst und würde sich auf Radioanrufe nicht mehr melden, ich sollte mich so schnell wie möglich nach Port Gentil begeben. Der restliche Sonntag ging mit Reisevorbereitungen und dem Sammeln von Informationen über das Boot drauf.

Am Samstag Abend bemerkte der Chief Engineer der AFRICAN STAR 2, Stefan Lautenbach, abnormale Geräusche bei der Hauptmaschine Nr. 2 (backboard, inbord), welche dann runtergefahren und gestoppt wurde. Der Lärm kam aus dem Frischwassertank backbord. Man öffnete den Tank und fand Verbiegungen und einen Riss um die Propellerhalterung, das Wasser im Tank schmeckte schon ein bisschen salzig. Um Mitternacht ertönte der Bilgealarm des Maschinenraumes im Steuerhaus. Der Chief wurde gerufen, der Wasser in der Bilge rumschwappen sah. Das Wasser drang durch einen Schnitt, ungefähr 60 cm lang und 2-5 cm breit, im Stevenrohr Nr. 2 ein, der durch die sich drehende Welle durch das Stevenrohr geschliffen wurde. Diesen schmalen Schnitt gegen den Wasserdruck abzudichten schlug fehl und trotz aller Bemühungen ging der Kampf gegen das eindringende Wasser verloren, das Wasser stieg unablässig höher im Maschinenraum und das Boot bekam starke backbord Schlagseite.

Um ein Sinken auf See zu verhindern, beschloss der Kapitän nach einer kurzen Diskussion mit seinen Offizieren, das Boot auf den sandigen Strand zu setzen, der die Küste von Gabun bildete. Der Alte sendete seine Notfallmeldung, jedoch niemand antwortete. Ungefähr um zwei Uhr berührte der Rumpf den Grund, das Boot wurde von Wellen, ungefähr 3 Meter hoch, einige Male kräftig auf den Sand gesetzt und durchgeschüttelt. Der Dieselgenerator gab seinen Geist auf, Stille kehrte ein, nur das Donnern der Brandung war noch zu hören. Glücklicherweise lief kein Gasöl und auch kein Schmieröl auf den Strand.

Wie sich am nächsten Morgen zeigte, hatten sie allerdings ein gewaltiges Glück, etwa 5 oder 6 Meter weiter nach Backbord, das Boot wäre auf eine alte, im Sand vergrabene Festmacherboje gedonnert, die noch ungefähr 30 cm aus dem Sand schaute, genug um dem Rumpf auf zu reissen. Die Boje wurde wohl irgendwann abgerissen und trieb weg auf den Strand. Das Boot lag ungefähr 10 km südlich von Sette Cama, einem alten Ankerplatz am nördlichen Ende der Lagune Ndogo, während der Kolonialzeit eine Reede zum Holz laden. Die stark bewaldete Gegend ist heute ein Naturreservat und berühmt für die Elefanten die nachts bis zum Strand kommen. 

Am Montag Abend kam ich in Port Gentil an, am nächsten Morgen begann ich die kümmerlichen Stücke von Informationen zu sammeln und den Ort nach Bergungsfirmen und deren Möglichkeiten abzusuchen. Am nächsten Tag flog ich mit einem so genannten "Bergungsexperten" in einem gecharterten Flugzeug, einer Beechcraft über die Unglücksstelle, dann landeten wir in Gamba um dringend nötiges Material zu liefern, das mit einem Land-Rover von SEMTS in Port Gentil zum Boot gebracht wurde (SEMTS eine Werft und Stahlbaufirma hatte auch eine Werkstatt in Gamba, um in den Inland Ölfeldern von Shell zu arbeiten). Glücklicherweise wurde dieser "Bergungsexperte" nie engagiert, das hätte für uns wohl in einer grossen Katastrophe geendet.

Stattdessen kam Donnerstags Werner Häni, ein Schweizer Bauingenieur und Taucher, der hauptsächlich in den Ölfeldern in Nigeria arbeitete. Wir verbrachten den Tag auf einer Shoppingtour und kauften nur leichtes, leicht zu handhabendes Material, inklusive einer kleinen Motorpumpe und Spraydosen mit Polyurethaneschaum (wie er in der Bauindustrie verwendet wird). Endlich der grosse Moment, es war mittlerweile schon Freitag, flogen Werner, Gregory, ein lokaler Taucher von Comex und ich flogen mit der gleichen Beechcraft nach Gamba. Mit zwei Fahrzeugen, einem Toyota Pick-Up und einem Toyota Landcruiser , machten wir uns mit drei Arbeitern von SEMTS über sandige Pisten durch die Savanne und den Urwald auf den Weg nach Sette Cama. In dem kleinen Dörfchen gab es nichts, nicht mal eine Kneipe, aber wir machten einen Höflichkeitsbesuch beim Dorfchef um seinen Goodwill zu erhalten. Wir tranken ein paar Bier mit den Leuten und nach zwei Stunden Palaver machten wir uns auf zur AFRICAN STAR 2. Die Arbeiter zeigten uns eine versteckte Passage durch den Dschungel und die letzten paar Kilometer fuhren wir dem Strand entlang.

Wir fanden die Besatzung auf dem Strand am Kampieren um ein kleines Feuer. Gekocht wurde auf diesem Feuer, was immer möglich war, jedoch keine 7-gängige Menus. Die Temperaturen in den Gefrierboxen stieg langsam an und der Kapitän befahl dem Koch, das Fleisch zu kochen um ein schnelles Verderben zu verhindern. Einmal konnte Werner einen grossen Fisch im Dorf ergattern. Frischwasser von der Vorpiek war genügend vorhanden, musste allerdings mit dem Eimer rausgeschöpft werden. Auch Mineralwasser in Plastikflaschen war auch genügend vorhanden. Die meisten Männer schliefen während der Nacht an Bord im obern Salon hinter der Brücke, ein Mann hielt Wache an Land. Das Feuer wurde die ganze Nacht unterhalten, erstens war es verdammt kalt auf dem windigen Strand und zweitens hatte jedermann Angst wegen der Elefanten. Niemand bekam eines der grossen Tiere zu Gesicht, aber die in der Nähe liegenden, übergrossen "Rossböllen" im Sand überzeugten jeden von ihrer Gegenwart. Die Gischt der Brandung überzog den Strand mit einem feinen Nebel und in der Dunkelheit verwandelte sie sich in einen grässlichen und unheimlichen Ort.

Der Kapitän hatte eine Leine vom Steuerbord Bug zu einem Baum legen lassen, um zu verhindern, dass das Boot gegen die alte Boje gedrückt wird und möglicherweise den Brennstofftank leckschlägt und das Dieselöl auf den Strand läuft. Die Radiobatterien wurden geschont und nur benützt um die Walkie-Talkies aufzuladen um damit die Verbindung mit der THEO aufrecht zu erhalten. Der Maschinenraum und die Rudermaschine waren mit Wasser geflutet, mit einer Schicht Schmieröl oben auf. Der vordere Teil mit den Wohnräumen war unbeschädigt und trocken. Die Brandung und die Tide liessen das Seewasser durch die Löcher und Risse ein- und ausströmen. Wir begannen zuerst eine Zementbox über dem aufgeschnittenen Stevenrohr zu bauen um zu verhindern, dass der Maschinenraum mit Sand aufgefüllt wird. Diese Arbeiten waren sehr schmutzig und unangenehm für unsere zwei Taucher im trüben und dunkeln Wasser rum zu stochern. Einige Werkzeuge konnten sie aus dem öligen Wasser fischen, Seeventile, Entlüftungen und Luftansaugöffnungen wurden geschlossen. Bei Niedrigwasser setzten wir die Abgasöffnungen aussenbords dicht. Werner und Gregory suchten nach weiteren Leckagen, die sie mit Schaum dicht machen konnten. 

Auf erste Sicht machte die Küste den Eindruck gänzlich menschenleer zu sein, jedoch hatten wir einige sonderbare Besucher. Der erste Besucher war der Parkwächter vom WWF, später kam ein älterer, italienischer Ingenieur auf Schmetterlingsjagd vorbei. Eine attraktive englische Lady schaute vorbei, die vorgab, dass sie das Verhalten der grossen Affen im Urwald studierte.

Am Sonntag Nachmittag kehrten wir nach Port Gentil zurück um weiteres, dringend benötigtes Material und Proviant zu kaufen, auch ein neuer kleiner Dieselgenerator musste organisiert werden, der Erste gab schon am ersten Tag den Geist auf. Natürlich war am Montag ein Feiertag und alle Geschäfte blieben geschlossen, somit mussten wir notgedrungen einen Tag "Ferien" machen. So war es schon wieder Mittwoch, als wir zurückkehrten. Auf der Fahrt nach Sette Cama blieb unser Auto zweimal im Sumpf stecken, wir mussten jetzt erst Mal unseren Wagen wieder flottmachen, was uns weitere drei Stunden kostete.

Nach unserer Ankunft setzten die Leute der THEO mit ihrem Zodiac eine kleine Markierungsboje, kurz vor sich die Wellen zu brechen begannen, dann kamen sie zum Strand. Ich sollte mit ihnen zur THEO fahren, anscheinend hatte Hans Tanner die THEO über Radio gerufen und wollte mich sprechen. Die Brandung verstärkte sich über den Tag und war jetzt ziemlich hoch, Werner riet mir dringend ab, mit dem Zodiac zur THEO zu fahren. Trotzdem, auf geht’s, der Matrose am Aussenbordmotor geht vom Gas, statt voll aufzudrehen, es kommt wie es kommen muss. Die Welle vor uns baute sich zu einer furchterregenden Höhe auf und begann über uns zu brechen. Der Zodiac überschlug sich und wir flogen ins Wasser. Das nächste was ich durchs Wasser sah, den Zodiac über mir mit dem riesigen Aussenborder auf mich zukommen. Nach grässlich langer Zeit kam ich wieder frei und konnte an Land waten. Die beiden Matrosen erreichten auch das Ufer, beide unverletzt. Der Zodiac und seine Maschine waren unbrauchbar und an eine Fahrt zur THEO war nicht mehr zu denken.   

Stefan brachte den tragbaren Dieselgenerator zum Laufen und für das erste Mal nach zehn Tagen leuchtete wieder Licht in den Wohnräumen an Bord. Werner und ich wollten zum Dorf fahren, um Fisch einzukaufen, aber zweimal blieb unser Auto fast im Sand stecken und wir kehrten wieder zurück bevor es dunkel wurde. Glücklicherweise konnten wir noch die letzten zwei Dosen Bier ergattern (damals war Bier an Bord noch erlaubt, gute, alte Zeit) und wir setzten uns auf einen der angeschwemmten Baumstämme – es war Werners 50ter Geburtstag.

Während der Nacht nahm die Dünung beträchtlich zu und der Rumpf schlug mit beängstigtem Donnern auf den sandigen Grund. Um das Boot zu stabilisieren füllten wir den Maschinenraum wieder mit Wasser. Am Morgen brachten wir das SSB (Radiogerät) und das Satcom-C wieder zum Laufen. Nun verblieb nur noch das Wichigste, die beiden Schiffe zum Schleppen mit unseren Festmacherleinen zu verbinden. Die Markierungsboje wurde in der Nacht losgerissen und trieb weg. Die THEO kam gefährlich nahe zum Strand und zweimal versuchten sie erfolglos eine Leine mit dem Leinenwurfgerät an den Strand zu schiessen. Nun machten sie ein kleines Floss, verbanden es mit der Schleppleine und liessen es gegen das Ufer treiben. Mittlerweile schwamm Gregory, ein starker Mann, durch die Brandung und es gelang ihm unsere Wurfleine an der Schleppleine festzumachen und sicher wieder zurück zu kehren.

In den frühen Morgenstunden des Freitags 22.08.1997 begannen wir den Maschinenraum auszupumpen und bei Hochwasser gegen fünf Uhr morgens, es war noch stockdunkel und fürchterlich kalt, startete die THEO ihre Maschinen und begann mit halber Kraft sanft, aber dauernd zu ziehen um die Schleppleine straff zu halten. Während des Morgens bewegte sich die AFRICAN STAR 2, kaum feststellbar, seewärts. Um 7:40 brach das eine Bridle (Hahnepot) und nun befahl Saliou die Schleppleine vom Heck zum Bug zu verholen und neu zu belegen, gleichzeitig bat er den Kapitän der THEO mehr in Richtung Südwest zu ziehen. Den ganzen Vormittag zog die THEO sanft, auch bei Niedrigwasser wurde der Zug aufrechterhalten. Bei Niedrigwasser lag die AFRICAN STAR 2 dann parallel zum Strand und ungefähr 50 Meter weiter seewärts.

Am Mittag kam der Parkwächter vom WWF auf seinem Weg nach Gamba bei uns vorbei, um zu sehen wie es uns geht. Werner machte sich mit unserem Wagen auch auf den Weg und folgte dem Parkwächter um noch zusätzliches Benzin für unsere Motorpumpe zu holen. Mit der nächsten, steigenden Tide bewegte sich das Boot langsam aber stetig der See zu, um 16:30 kam sie mit einem Satz frei und schwamm wieder. Dieser Tag war auch Saliou's Geburtstag – ein ganz spezielles Geschenk für den Kapitän, sein Schiff wieder schwimmend im Wasser zurück zu erhalten.

Zur gleichen Zeit erschien Werner mit seinen vollen Kanistern am Strand, aber wir waren jetzt unerreichbar. Geistesgegenwärtig nahm Saliou ein Leinenwurfgerät und schoss eine Leine an Land, in letzter Minute konnten wir die Kanister noch an Bord ziehen. Werner und der ihn begleitende Matrose fuhren dem Strand entlang zurück in Richtung Gamba. In der Mündung eines kleinen Flusses versank der Wagen im Sand und konnte nicht mehr flott gemacht werden, die nächste Flut begrub den Pick-up vollends im Sand. Die letzten Meilen nach Gamba mussten die Beiden auf Schusters Rappen zurücklegen. Die Leute von SEMTS erfasste der heilige Zorn, nicht wegen des finanziellen Verlustes (den wir sowieso ersetzen mussten), sondern wegen den langen Lieferzeiten um das dringend benötigte Fahrzeug zu ersetzen.

Nach dem Freikommen hatte die AFRICAN STAR 2 eine Schlagseite von zirka 10° nach backbord und lag achtern tief im Wasser, aber nach weiteren Lenzen des Maschinenraumes und des Rudermaschinenraums, sowie der beiden Frischwassertanks verbesserte sich die Situation wesentlich. Die Reise nach Port Gentil verlief ohne grössere Schwierigkeiten, erforderte aber unsere ständige Wachsamkeit. Unsere Motorpumpe war meistens in Betrieb, um eindringendem Wasser Herr zu werden. Gregory tauchte unter den Rumpf, fand weitere kleine Leckagen, die er mit Schaum dicht setzen konnte. Mit einer konstanten Geschwindigkeit von etwa 5,3 Knoten schleppte die THEO uns nach Port Gentil, das wir am nächsten Tag kurz vor Mitternacht erreichten. An der Fischpier machten beide Schiffe fest. Die Franzosen in Port Gentil tuschelten und wunderten sich, wie die Schweizer das Boot so schnell ohne "Bergungsexperten" in den sicheren Hafen zurückbringen konnten.

Sonntag morgens löschten wir die Ladung und transferierten das Gasöl auf die THEO. Werner tauchte unter das Boot und fand noch weitere Leckagen. Am Montag verbrachten wir die AFRICAN STAR 2 zur Werft DPS, hier wurden die Wohnräume wieder an die Elektrizität angeschlossen und in Betrieb genommen. Die Werft begann die Maschinenräume auszuwaschen und zu reinigen. Am 02.09.1997 endlich konnten wir das Boot auf den Slipway von SEMTS verholen. Hier wurden alle Propellerwellen und Ruder entfernt, die Löcher mit soliden Aluplatten dichtgeschweisst und das Boot für die grosse Hochseeschleppreise vorbereitet. 

Dann ereignete sich ein Glücksfall, Panalpina rief uns im Oktober an einem Freitagnachmittag an und teilte uns mit, dass ein dänischer Schlepper in Port Gentil lag und eine Beschäftigung suchte um nach Europa zurück zu fahren. Innerhalb der nächsten Tage war der Vertrag abgeschlossen und die AFRICAN STAR 2 für die Schleppreise zur Werft in Frankreich vorbereitet. Der dänische Schlepper  VLIELAND (GT: 69/Baujahr 1970) schleppte das Boot "tot" d.h. ohne Besatzung an Bord bis zu den Kanarischen Inseln, hier übernahm der dänische Schlepper STORESUND von der gleichen Reederei den Schleppzug auf hoher See und schleppte das Boot jetzt Heck voraus nach St. Nazaire in Frankreich. Vor Kap San Vincente an der Südspitze von Portugal überraschte ein Sturm den Schleppzug, der dann im Hafen von Portimao an der Algarve für einige Tage Schutz suchte. Am 17.11.1997 erreichten sie den Hafen von St. Nazaire und die AFRICAN STAR 2 ging bei OCEA an die Pier, eine Werft die für Aluminiumschiffe spezialisiert ist (der Hauptsitz von OCEA befindet sich in Le Sable d'Olonne, ungefähr 120 km weiter südlich).

Das Schiff wurde in einem kleinen, öffentlichen Trockendock eingedockt. Die ganzen Maschinen und die elektrische Ausrüstung wurden ausgebaut und entfernt. Mit der Unterstützung der Klassifikationsgesellschaft Bureau Veritas entwarf OCEA ein komplett neues Propellerwellensystem, dabei wurden die Propellerhalterungen aus einem soliden Aluminiumblock gefräst. Die fünf Hauptmaschinen und die zwei Dieselgeneratorgruppen wurden ersetzt, die ganze elektrische Ausrüstung und die Kabel erneuert. Die eingedrückten und verbogenen Platten auf der backbord Seite wurden erneuert. Zudem wurde das Abgassystem von einem "nassen" zu einem "trockenem" System umgebaut.

Am Morgen des 31.03.1998 verliess die AFRICAN STAR 2 St. Nazaire um zurück nach Westafrika zu fahren. An der Küste von Portugal geriet sie wieder in einen schweren Sturm, nachher jedoch verlief die Fahrt nach Westafrika ereignislos. In Dakar wurde zur Freude der senegalesischen Besatzung ein kurzer Stopp zum Bunkern und zur Proviantübernahme eingelegt. Nach dieser aufwendigen Reparatur versah das Boot über viele Jahre seinen Dienst zur vollen Zufriedenheit aller Beteiligten. Noch zu bemerken, während dieser fast acht monatigen Auszeit versah die OBANDO MARINER aus Port Gentil den African Star Service von Panalpina. Ousseynou fuhr die meiste Zeit als Supercargo mit, um eine zuverlässige Zustellung der Ladung zu gewährleisten.

SwissShips HPS, April 2018

Die Propellerhalterungen (propeller struts)

Die Bauweise dieser Propellerhalterungen war im Grunde genommen eine einfache Konstruktion, die sich vermutlich tausendfach auf Arbeitsbooten in den USA bewährt hatte. Das untenstehende Foto zeigt eine Propellerhalterung, jedoch um ungefähr 170° nach unten verdreht.

Im Prinzip wurden zwei leicht gebogene Aluminiumplatten gegeneinander verschweisst, wie das nächste Foto unten noch besser zeigt

Die alte AFRICAN STAR hatte das gleiche Arrangement, das jedoch nie Anlass zu Klagen gab. Allerdings mit fünf Propellern wurden Vibrationen ausgelöst, die die Propellerhalterungen bei der Durchdringung durch die Rumpfplatten abbrechen liess. Offensichtlich ein sehr ähnliches Boot im Fernen Osten, von der gleichen Werft gebaut, hatte die gleichen Probleme. Die französische Werft konnte jedoch das Problem mit einem neuen Design, aus einer aus einem soliden Aluminiumblock gefertigten Propellerhalterung dauerhaft lösen.

SwissShips HPS, April 2018

 

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