LLOYD AG BASEL

Lloyd AG, Basel

Bericht über den Untergang des ältesten Rheinschiffes unter Schweizer Flagge.

Fotoherkunft: © M. Berger / © SwissShips

Das Tankmotorschiff hatte am 26.11.1975 in Marl, Hüls 464 Tonnen Natronlauge geladen für die Farbwerke Höchst die am 29. November in Vlissingen gelöscht werden sollten. Am 28.11.1975 wurde in Dordrecht noch ein Lotse an Bord genommen, um nachts bei der Überfahrt über Zeeland, zu assistieren.

Somit waren ein Schiffsführer-Ablöser Gerhard Kammin, der Lotse Bas Damme und zwei Matrosen, Luthart und Jan Kortsmit an Bord.

Der Stammkapitän Klaas Habing war wegen einem Nichtbetriebsunfall zu Hause. Der Ablöser war aber schon einige Male an Bord auf der UETLIBERG gefahren.

Das Schiff hatte 28.11.1975 um 18 Uhr die Schleuse Volkeraak bei Willemstad, bei normalem Wetter passiert. Bei Zijpe hat das Schiff eine Boje auf der falschen Seite passiert das sofort bemerkt wurde und hat trotzdem noch eine Sandbank erwischt. Durch Rückwärtsmanöver und steigender Flut konnte die Fahrt nach gut fünf Minuten wieder fortgesetzt werden. Um 21.00 Uhr verliess das Schiff das Brabantsche Vaarwater (Fahrwasser) um die 5 Kilometer breite Oosterschelde zu überqueren, um nach Beveland zu kommen, wo die Durchfahrt durch das Veerse Meer nach Vlissingen erfolgen sollte.

Etwa in der Mitte der Osterschelde kam innerhalb von 10 Minuten ein Sturm mit hohem Wellengang auf. Nach Aussagen vom Stammkapitän war bei einer solchen Situation keine Umkehr möglich. Dieser unerwartete Sturm und Wellengang hatte der einzige überlebende Matrose bestätigt. Der Schiffsführer hatte von der Reederei noch Anweisung erhalten, bei Windstärke 5-6 nicht mehr über Seeland zu fahren.

Der Untergang:

Zu diesem Zeitpunkt hielten sich alle vier Mann im Steuerhaus auf und man konnte nicht mehr aufs Vorschiff gelangen. Der Matrose schilderte dann, dass der Kapitän zuerst aus dem Steuerhaus flog und er dann ebenfalls im Wasser gelandet sei. Zeit zum Nachdenken habe er nicht gehabt. Er hat sich an im Wasser treibenden Märklingen festklammern können und habe von den anderen Leuten nichts mehr gehört oder gesehen. Er sah, dass das Vorschiff innert Minuten absackte und sah noch den drehenden Propeller. Er wurde dann durch die Flut und Sturm in zweieinhalb Stunden auf eine Landzunge nördlich der Insel Tholen gespült. Dort konnte er am 29.11.1975 um 05:00 Uhr den Polizeiposten in Middelburg alarmieren, die das Büro Lloyd in Rotterdam kontaktierten, von wo aus telefonischem Kontakt mit der Havarie-Abteilung Lloyd Basel aufgenommen wurde.

Schiffssuche:

Bei Tagesanbruch suchten die Boote der Wasserschutzpolizei das Schiff und wurden um 8:30h fündig bei 51 Grad 36 min 40 sec. nördlich und 3 Grad 56 min. 2 sec. östlich. Das Vorschiff lag bei Ebbe 4 Meter unter Wasser und das Hinterschiff zirka 10 Meter. Am Vormittag wurde dann die Leiche des Kapitäns bei Stavenisse angeschwemmt und von der Polizei aufgenommen.

Tauchereinsatz:

Von der Polizei wurde mit Absprache der Reederei, der Kasko Versicherung und der Ladungsversicherung ein Tauchereinsatz angeordnet. Es wurde nach den 2 Vermissten gesucht die nicht gefunden wurden. Die technische Untersuchung ergab, dass ein Riss bei Schott 1/2 und ein Riss bei 3/4 zu sehen war, das Schiff aber nicht auseinandergebrochen ist. Die Natronlauge wurde als Totalverlust angesehen, da diese unter 15 Grad zu kristallisieren beginnt. Die Tanks sind alle separat in die Luken eingebaut und die Lauge war deshalb nicht mit den Schiffswänden in Kontakt. Die Tanks waren zu diesem Zeitpunkt (30.11.1975) alle noch dicht.

Bergung Schiff und Ladung:

Vom 1. Dezember 1975 bis am 8.Dezember wurden zwischen den verschiedenen Beteiligten Versicherungen, dem Bergeunternehmen, den Experten, dem Schrotthändler und dem Rijkswaterstaat (Behörde) ständige Treffen abgehalten Hier wurden alle Varianten Kosten besprochen und Verträge für die Bergung erstellt. Die auftretenden Probleme mit dem Wrack das zusehends versandete durch die Ebbe/ Flut und den Ladetanks mit der Natronlauge die mal weniger gefährlich und dann wieder sehr problematisch zur Löschung angesehen wurde, beeinflussten direkt die Bergungskosten. Der Schrotthändler sah sich dadurch immer wieder mit einem unterschiedlichen Kostenaufwand konfrontiert. Die Versicherung gab mit einem Totalverlust die Summe von Fr. 300 000.- und für Wrackbeseitigung 150 000.- Fr. eine Vorgabe. Mit allen Problemen die nun auftraten entstanden auch immer wieder neue Kosten.

Die Behörden gaben die Vorgabe in Form einer Beseitigung des Wracks mit Ladung koste es was es wolle.
Während den tagelangen Verhandlungen hat die Bergungsfirma mit der Hebung des Wracks mit zwei Hebeböcken begonnen und stellte am 7. Dez. fest, dass ein dritter Hebebock nötig ist. Es mussten einige grosse Hievdrähte unter dem Schiff durchgezogen werden. Durch die Versandung im Schiffsrumpf wurde das Schiff immer schwerer und die Folge davon waren drei Drahtbrüche. Die berechneten zeitlichen Vorgaben wurden dadurch immer wieder verzögert.

Zwischenzeitlich wurden die Verträge mit der Bergungsfirma und Schrotthändler wieder nach oben korrigiert. Es gab verschiedene Varianten über die Kosten, denn die Frage, wie wird und wer bezahlt die Vernichtung der Natronlauge von der am 17.Dezember noch Proben genommen wurden. Bei dieser kristallisierten Lauge handelte es sich um eine 80%-ige Ware. Am 19. Dezember. wurde nun das Schiff in zwei Teilen Vorschiff und Hinterschiff von der Bergungsfirma am Sandstrand deponiert. Der Schrotthändler konnte das Schiffswrack für sich beanspruchen, da er für die Beseitigung der Schiffstanks beauftragt wurde. Hier gab es aber verschiedene finanzielle Fragen die abgeklärt werden mussten.

Ursache des Sinkens:

Versicherungen und Behörden beauftragten die Expertenfirma das Schiff zu untersuchen, um die Ursache des Unfalls zu eruieren. Am 17. Dezember wurde über die Untersuchung berichtet. Der Experte kam zum Schluss, dass eine kleine Menge Wasser in der Vorpiek keinen Einfluss auf das Sinken des Schiffes hatte. Im Vorschiff war die Wohnung der Matrosen mit seitlichen Fenstern. Diese wurden durch den starken Wellengang eingeschlagen und haben die Wohnung mit Wasser volllaufen lassen, was die Ursache war, dass beim Untergang das Vorschiff absackte. Der Experte konnte nicht verstehen, dass die Besatzung die vorhandenen Schutzbleche, die vor Jahren schon extra für die Fahrt über Seeland angefertigt wurden, nicht montiert wurden. Diese sind einfach anzubringen und hätten den Wassereinbruch verhindert. Es wurden nachträglich noch die Wetterprognosen dieses Tages von den regionalen Wetterdiensten beschafft. Es wurde am 28.bis 29.Dez. 07h00 von einem geteilten Sturmtief über Belgien berichtet mit Windstarken 2 bis 5. In der Region gab es keine Sturmwarnlichter oder Sturmwarnung am Radio. Die Windrichtung Süd West wurde für 18 h auf 5 bis 7 geschätzt. Um 19 Uhr drehte dann die Windrichtung unerwartet auf Nord mit zunehmender Windstärke bis 8 was genau auf das Fahrwasser der UETLIBERG zusteuerte.

Der Stammkapitän versicherte, dass aus Erfahrung diese Schutzbleche über Seeland immer angebracht wurden. Im Weiteren mussten Zertifikate gemäss ADNR (Sicherheitsvorschriften für Tankschiffe) vorgelegt werden mit allen übrigen Ladepapieren etc. In der Police gab es noch eine Differenz. Das Kasko des Schiffes hatte Baujahr 1895 und in der Police war das Umbaujahr 1935 angegeben.

Als damaliger technischer Leiter der Lloyd A.G., Basel hatte ich am frühen Morgen 29.11.75 des Untergangs die technische Dokumentation bereitgelegt. Fünf Monate vorher war das Schiff noch in Basel und einige Reparaturen mit Checks aller Sicherheits- Einrichtungen mit allem Material wurden instand gestellt. Der Situationsplan mit Angabe wo alle Gegenstände für die Sicherheit fürs Schiff und Ladung auf dem Schiff platziert waren wurde ergänzt. So befanden sich zum Beispiel vier Schwimmwesten in dem Steuerhaus und in diesem Fall wurden diese von niemandem ergriffen, was auf eine zeitliche Notsituation schliessen lässt. Bei den Schutzblechen wurden in Basel die Schrauben ersetzt und mit neuen Flügelmuttern versehen. Die Ursache war mir sofort klar. Eine Berechnung ergab, dass durch den Bruch der Scheiben durch Wellenschlag kurzfristig 21 Tonnen Wasser ins Vorschiff eindrangen und somit das Schiff kopfüber versank. Somit bestand auch keine Chance das Rettungsboot zu gebrauchen, das auf dem Lukendach vor dem Steuerhaus lag.

Fazit:

Für den Untergang war die unberechenbare Wetterlage, sowie die Unterlassung des Anbringens der Schutzbleche für die Fenster an der Vorschiffwohnung die Ursache, die leider drei Tote forderte.

(Auszug interner Bericht über Havarie vom Dezember 1975)

Rechsteiner Willy, den 20.01.2011

bw2

Email Nachricht vom Sohn des Stammkapitäns Klaas Habing:

----- Original Message -----
From: Klaas Habing
To: swiss-ships@web.de ; team@swiss-ships.ch
Sent: Saturday, July 02, 2011 9:57 PM
Subject: TMS Uetliberg (Lloyd AG Basel)

Guten Abend,
Bitte erlauben sie mir mich vorzustellen, Klaas Habing, wohnhaft in Dronten Holland.

Heutemorgen habe ich im Internet auf ihrer Seite den Link gedrückt der führt zum Dokument "Uetliberg - Totalverlust, Bericht über den Untergang des ältesten Rheinschiffes unter Schweizer Flagge". Dieses Dokument hat mich schwer beeindruckt, denn der Stammkapitän der "wegen einem Nichtbetriebsunfall zu Hause war", war Klaas Habing, mein Vater. Als kleiner Junge, ich war damals 11 Jahre alt, sind wir oft, an Wochenenden und in Urlaub, mit ihm an Bord mitgefahren.

Mit meinem Vater habe ich später oft über den Untergang der "Uetliberg" geredet. Er hat mir immer genau die Geschichte erzählt wie sie in dem Dokument steht. Zwei der Schiffsleute bei der Untergang an Bord waren (der Steuermann, Luthart, und der Lotse, Damme) habe ich auch gekannt. Der Ablöser und der Matrose waren für mich unbekannte. 

Ich hätte eine Bitte. In dem obengenannten Dokument steht ein Foto von der Uetliberg als Tankmotorschiff. Wäre es möglich von diesem Foto ein Exemplar digital zu bekommen, denn von der Uetliberg sind fast keine Fotos übriggeblieben. Auch wenn sie in Ihren Dateien andere Fotos oder andere Informationen vorhanden haben würde ich mich sehr empfehlen.

Mit dieser E-mail schicke ich Ihnen ein Foto das wir selbst noch haben. Wenn Sie möchten, können Sie es auf Ihrer Seite einsetzen.

Mit freundlichen Grüssen,
Klaas Habing